Ödön von Horváth

Zur Schönen Aussicht


Entstehung




 

Kritiken:

Aus dem motivierten Ensemble ragt Steffi Krautz heraus; die Zerbrechlichkeit ihrer scheinbar starken Baronin bewegt. Ernst Prassel (ihr Bruder) erfüllt alle Erwartungen, Daniel Doujenis und Sebastian Reiß überzeugen, auch wenn sie nicht im Mittelpunkt stehen. Heimlicher Star: Bojana Popovicki am Akkordeon.
Christian Ude, Kleine Zeitung, 11.10.2007

Die Schäbigkeit der Bühne (Hendrik Scheel) illustriert den tristen Ort exakt.
Martin Gasser. Kronenzeitung, 11.10.2007

Lämmert spielt ihren Part mit Schüchternheit, ruhiger Kraft und Ansätzen zu einem fast heiligen Irrsinn, der ins Konzept der Komödie passt. Krautz erfüllt ihre Rolle - ein die Peitsche schwingendes Ungeheuer der Dekadenz, manipulierend und unersättlich, nicht nur im Sektkonsum, sondern in der Befriedigung ihres Sadismus. Wie zum Hohn singt sie Janis Joplins unglückliche Ballade "Mercedes Benz", sie endet in einem Hustenreiz. Diese Frau wird nicht als, sie spuckt bereits Blut. Krautz beherrrscht nicht nur den Exzess, sondern auch die subtilen Gesten." 
Norbert Mayer, Die Presse, 11.10.2007

Mal schwingen die Schauspieler lässig das Tanzbein, dann gerät die Aufführung plötzlich zum Stillstand. Der Charakter der Inszenierung ist betont künstlich, nur der ausgestopfte Bär ist hier "echt". Es ist ein spröder Abend, der trotzdem irgendwie Spass macht. Und am Ende, nach knapp zwei pausenlosen Stunden, gibt´s einen der schönsten Sternenhimmel, die man auf einer Bühne zu sehen bekommen kann. Wolfgang Kralicek, Falter, 19.10.2007


Photos


Zur schönen Aussicht
Von Ödön von Horváth.

Inszenierung: Claudia Bauer
Bühne und Kostüme: Hendrik Scheel
Musik: Sebastian Herzfeld, Bojana Popovicki
Dramaturgie: Andreas Karlaganis

Mit:
Markus Schneider (Max/Kellner),
Gerhard Liebmann (Karl/Chauffeur),
Daniel Doujenis (Müller/Vertreter),
Sebastian Reiß (Strasser/Besitzer),
Ernst Prassel (Emanuel, Freiherr von Stetten),
Steffi Krautz (Ada, Freifrau von Stetten),
Jaschka Lämmert (Christine)

Zum Stück
Das Hotel Strassers läuft schlecht. Einziger Gast ist die Baronin Ada von Stetten, die die männliche Belegschaft nach ihrer Pfeife tanzen lässt – Geld ist bekanntlich Macht. Der Überlebenskünstler Strasser meistert den moralischen Drahtseilakt geschickt: Selbst als die junge Christine anreist, um ihn an seine Vaterpflicht zu erinnern, weiß er sich ohne ethische Bedenken aus der Affäre zu ziehen.
Ödön von Horváth, der kritische Erneuerer des Volksstücks, inszeniert in Zur schönen Aussicht einen Clash der Werte: Der romantischen Sehnsucht in „Rosarot und Himmelblau“ steht die schnoddrige Wirklichkeit des Geldes gegenüber, das zum Religionsersatz avanciert ist. Es ist eine illusionslose Bestandsaufnahme der Zwischenkriegszeit: Das alte Europa mit seinen Werten, Normen und Grenzen ist zusammengebrochen, Orientierungslosigkeit macht sich breit und äußert sich auch im spielerischen Wechsel der Identitäten, der einem moralisch fragwürdigen Zweck unterliegt: Christine soll als Hure verleumdet werden, damit Strasser sich aus der Verantwortung stehlen kann. Meineid wird zum Spiel, mit dem man sich die Zeit vertreibt. Erst als Christine, in ihren Hoffnungen auf häusliches Glück enttäuscht, eine hohe Erbschaft erwähnt, bricht der Konkurrenzkampf aus: Jetzt will jeder sein Stück vom Kuchen…

Zum Autor
Am 9. Dezember 1901 in Fiume, Kroatien geboren, wächst Ödön von Horváth in Budapest, München und Wien auf. In den Zwanziger Jahren als linker Schriftsteller bekannt geworden, musste er zuerst nach Wien und nach dem Anschluss Österreichs nach Paris emigrieren. Dort wurde er im Juni 1938 während eines Gewitters auf der Champs-Èlysées von einem Ast erschlagen.